Zum besseren Verständnis haben wir teilweise komplexe Zusammenhänge etwas vereinfacht. Hintergrund ist, dass die nachfolgenden Prozesse auch von Nicht-Fachleuten nachvollzogen werden können.
Wenn sich Müll wie von Zauberhand in Luft auflöst, dann sind wir im Kasseler MHKW. Dahinter steckt eine ausgeklügelte Technik. Und ein bisschen Magie. Denn bei uns verwandelt sich nicht nur Rauchgas in Reingas, sondern auch Hausmüll in grüne Energie für Strom und Fernwärme. Wir werfen einen Blick hinter die Kulissen und verraten Dir – psst! – unsere Tricks. Aber erstmal Müll abladen. Jedes Müllauto wird verwogen, jede Ladung erfasst. Das sind 125 Fahrzeuge und 800 Tonnen Gewerbe- und Hausmüll pro Tag. Beeindruckt? Wir noch nicht.
Sperrmüll wird sortiert und gehäckselt, Restmüll landet direkt im überdimensional großen Müllbunker. Dafür öffnen acht riesige Schleusen ihre Tore. 4000 Tonnen Abfall passen hier hinein. Umgerechnet 800 Elefanten oder 300 Linienbusse. Geruchsbelästigung? Fehlanzeige. Denn: Durch Unterdruck wird pro Stunde rund 80.000 Kubikmeter Verbrennungsluft abgezogen. Frische Luft strömt dafür von außen nach. Eine dufte Angelegenheit.
Hoch über dem Bunker sind unsere Kranpiloten im Einsatz. Und zwar 24/7 – auch an Feiertagen. Vom Kranstand aus steuern sie riesige Greifarme und durchmischen den Müll. Damit sich alles gut verteilt und gut Brennbares mit dem Rest vermengt. Über einen imposanten Trichter geht’s für das homogene Müllgemisch direkt auf die beiden Verbrennungsroste, die den Müll in den Brennkessel führen. An dieser Stelle sagen wir: Bye, bye Müll.
Unser Hausmüll wälzt sich und schmort auf den beweglichen Feuerrosten. Bei satten 1.200°C verbrennt der Müll von selbst. Der Abfall schrumpft auf zehn Prozent seines Volumens zusammen. Damit der Grill nicht ausgeht, wird dem Ofen ständig Verbrennungsluft aus dem Bunker hinzugefügt. Auch üble Gesellen wie Bakterien, Pilze und Viren verziehen sich. Lust, einen Blick zu riskieren? Dann Luke frei auf lodernde Flammen.
Was hinten rauskommt, ist die Kasseler Schlacke. Die macht noch 25 Gewichtsprozent von unserem Hausmüll aus und ist ein heißer Mix aus Schrott und Kies. Also erstmal abtauchen ins Wasserbad, bevor die grauschwarze Masse über Förderbänder zu ihrem Abholplatz transportiert wird. Zum Glück haben wir ein Herz fürs Derbe. Für die mineralischen und metallischen Reste unseres Hausmülls. Denn eins ist sicher: Wer’s durch den Ofen schafft qualifiziert sich als wertvoller Ersatzbaustoff. Für Edelstahl und Co. geht es daher direkt in die Aufbereitung. Für uns zurück in den Kessel.
Es qualmt ordentlich bei der Müllverbrennung. Die Rauchgase müssen bei mindestens 850°C etwa zwei Sekunden lang ausbrennen, damit ihr Schadstoffgehalt minimiert wird. Dann dürfen sie zielstrebig Richtung Wärmetauscher strömen. Der befindet sich im oberen Bereich der Kesselanlage. Ein etwa 60 Kilometer langes Geflecht aus Rohren, durch die kaltes Wasser fließt. Das Wasser wird von den heißen Rauchgasen erhitzt. Die Rauchgase werden im Gegenzug vom Wasser auf 240°C abgekühlt. Rauchgase und Wasser tauschen ihre Wärme, bevor sie getrennte Wege gehen.
Apropos: Wärmetauscher haben wir überall in der Anlage positioniert. So können wir während der gesamten Rauchgasreinigung immer wieder Energie abziehen und in Form von Fernwärme zu Dir nach Hause schicken.
Die Dampftrommel ist das Herzstück unserer Kesselanlage. Die Basis für Strom und Wärme in eurem Zuhause. In der Dampftrommel trennt sich der Dampf vom Kesselwasser. Auf diese Weise werden 72 Tonnen Frischdampf pro Stunde erzeugt. Dieser Wasserdampf kurbelt die Dampfturbinen an, die im Generator Strom erzeugen. Ist die Arbeit getan, wandelt der Kondensator den Dampf in Wasser um. Das Wasser fließt zurück in den Kessel, wo es wiederum die Rauchgase abkühlt. Ein ewiger Dampf-Wasser-Kreislauf beginnt.
Bevor die Rauchgase den Kamin verlassen dürfen, verpassen wir ihnen eine Detox-Kur und befreien sie von giftigen Gasen und Schwermetallen. Chlorwasserstoff und Schwefeldioxid werden via Natriumbicarbonat (besser bekannt als Natron) zu Koch- und Glaubersalz neutralisiert. Die Schwergewichte Quecksilber und Blei verbinden sich mit Aktivkohle, bevor das Rauchgas auf den Gewebefilter trifft.
Der besteht aus vier Kammern und 680 Schläuchen von sechs Metern Länge. Und funktioniert ähnlich wie bei unserem Staubsauger: Schmutz wird eingesaugt, bleibt am Gewebefilter hängen und saubere Luft kommt hinten raus. So auch bei uns: Asche, Salze und die beladene Aktivkohle bleiben am Gewebe hängen und bilden einen Filterkuchen, der als zusätzlicher Filterschicht dient. Gelangen die Abgase nicht mehr so geschmeidig durch die dicker werdende Schicht, werden die Schläuche mit Druckluft aufgeblasen. Der Filterkuchen fällt ab und der gereinigte Schlauch wird neu befüllt..
Auch die konzentrierten Schadstoffe unseres Abfalls erfüllen einen sinnvollen Zweck. Sie werden via Silofahrzeuge direkt in ausgediente Salzbergwerke befördert. Dort verfüllen Sie die Hohlräume und schützen die Stollen vor Absackungen.
Deshalb muss das Rauchgas noch einmal an einem mächtigen Aktivkohlefilter vorbei, der als Sicherheitsfilter dient. Zum Schluss geht es für unsere fast schon reinen Gase durch den Entstickungskatalysator,der unsere Rauchgase von Stickstoffen befreit. Dafür wird Ammoniak eingesetzt, das die toxischen Stickoxide neutralisiert.
Übrigens: Ein gewaltiger Saugzug zeigt dem Rauchgas, wo’s langgeht. Es zieht das Rauchgas durch das Labyrinth aus Rohren – vom Feuerraum, über den Kessel in die Rauchgasreinigung und sorgt dabei für ordentlich Unterdruck in der gesamten Anlage. Das ist wichtig, damit keine schädlichen Stoffe nach draußen dringen, die Mensch und Natur gefährden.
Tataa! Es ist geschafft: Die so gereinigte Luft darf nun durch den Kamin nach draußen. Die Luftqualität wird stets durch eine kontinuierliche behördliche Emmisionsmessung kontroliert.
Denn wir lassen nur saubere Abluft in die Atmosphäre. Selbstverständlich überwachen wir auch sämtliche Messwerte durch unsere Leitwarte. Von hier aus steuern wir die komplette Anlage und behalten sämtliche Immissionswerte im Blick.
Du möchtest unser MHKW kennen lernen? Dann besuch uns gerne und wir zeigen Dir, wie sich auch Dein Müll in Luft auflöst.